Da hat Precht recht.

Man mag von ihm halten, was man will – aber ich habe noch keine bessere Zusammenfassung der deutschen politischen Dilemmata gelesen:

(..)Dass Politik nicht dauerhaft erfolgreich sein kann, wenn sie auf ein Ethos und darauf gegründeten Zielen verzichtet, wissen
alle. Aber wir glauben es nicht, es hinterlässt kaum Spuren in unserem Alltag. Und
nicht zu glauben, was man weiß, kann beruhigend sein. Dabei scheint es, als ob Martin
Bubers religionsphilosophische Einsicht, dass man nicht etwas ändern kann, ohne alles zu ändern, diese Gesellschaft lähmt.
In einer Aufregungsdemokratie lebt der am längsten, der sich am wenigsten aufregt. Und wer sich an nichts heranwagt, kann
weder real noch medial scheitern. Die Utopie als konstruktive Kraft der Politik aber bleibt verschwunden.
Der U-topos ist nicht vermessbar – deshalb taucht er nicht auf. Wie wir in Zukunft leben werden, bestimmen
kaum mehr Politiker, sondern die Visionäre und Utopisten der digitalen Revolution: Google, Facebook, Apple, Microsoft und
Samsung. Gegen diese digitalen Supermächte sind Deutschlands Politiker strategische Pygmäen. Die Macht haben sie sich
schon lange aus den Händen nehmen lassen. Da eine Wahl aber nur dann sinnvoll ist, wenn diejenigen, die man wählt,
auch Macht haben, müsste man eigentlich das Führungspersonal von Google oder Facebook wählen, das seine Strategien
und Visionen offenlegt und zur Abstimmung stellt: Was habt ihr mit unseren Daten vor? Welche Veränderung in unserer
Kommunikation wollen wir, und welche sollten wir besser nicht zulassen? Wofür nutzt ihr eure beispiellose Macht- und
Kapital konzentration? Denn all dies mit seinen gesellschaftlichen Folgen und Kollateralschäden wird unser Leben radikal
verändern, ohne dass wir auch nur ein Wort mitreden können. Verglichen damit ist die Frage, ob Merkel oder Steinbrück
Bundeskanzler ist, nicht einmal eine Fußnote wert.(…)

Im Spiegel von gestern!

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